Bastian und ich wollten ein Abenteuer erleben, aber nicht wandern. Als logische Alternative erschien uns Paddeln auf der Altmühl. Ich wollte ein Kayak, wurde dafür aber gerügt: wenn man die Eskimo-Rolle nicht beherrscht, fährt man nicht Kayak. Nun ja, ich beherrsche eigentlich gar keine Rolle (außer vllt. Erdbeer-Biscuit), also wurde es ein Kanu, das wir bei YEZZT ausliehen.
Freitagmorgen trafen wir in Treuchtlingen ein. Es war heiß. Tom, der Outdoor-Instructor, erklärte uns, wie man ein Kanu benutzt. Oder nein, das stimmt eigentlich gar nicht. Er erklärte hauptsächlich, worüber sich Leute bei ihm schon per Mail beschwert hatten und wie doof sich Kanu-Anfänger im Allgemeinen anstellen. Außerdem demonstrierte er eine Paddel-Technik, die mir später fast meine Finger kostete und erläuterte, wie man das Kanu aus dem Wasser zieht. Bastian und ich hörten aufmerksam zu und hatten am Ende doch recht unterschiedliche Vorstellungen davon, wie man das macht. In der Umsetzung klappte dann aber glücklicherweise alles ganz prima. Nachdem ich das Auto am Bahnhof geparkt und zurückgelaufen war, ließen wir unser Bötchen ins kühle Nass und paddelten los. Ganz ohne Tom, und auch ganz ohne Probleme.
Tag 1: Treuchtlingen bis Solnhofen
Nun hatten wir uns das ungefähr so vorgestellt: Drei Tage flussabwärts treiben, im Schatten großer Bäume, ab und zu mal ein bisschen lenken und gekonnt durch Stromschnellen navigieren. Vielleicht hätten wir vorab mal das Internet konsultieren sollen, denn auf Wikipedia steht folgender Satz: „[Die Altmühl] ist der gefälleärmste Fluss in Bayern, fließt sehr langsam und gehört sogar zu den langsamsten deutschen Flüssen.“ Mich würde interessieren, wie ein noch langsamerer Fluss als die Altmühl aussieht. Ein langer See? Der Wasserstand war niedrig, die Strömung nicht existent und Schatten gab es wenig. Wir paddelten. Und paddelten. Nach einer halben Stunde taten mir die Arme weh und wir waren beide schweißgebadet. Ab und zu gab es noch Gegenwind, so dass das Boot rückwärts (!) schwamm, wenn wir nicht paddelten.
(c) Bastian Gierull
Am ersten Wehr zogen wir das Boot aus dem Wasser und machten erstmal Pause. Glücklicherweise hatte ich tonnenweise Essen eingepackt. Danach fanden sich unsere Körper langsam mit ihrem Schicksal ab, ein kleines Bad im Fluss verschaffte Abkühlung. Gegen vier Uhr kamen wir an der Aktivmühle an, die wenig malerisch an einer Bahnstrecke liegt. Immerhin ergatterten wir ein Schattenplätzchen und machten fortan noch drei Dinge: Schlafen, Schwimmen, Essen. So kann man einen Abend erstaunlich gut zubringen. Da es so warm war, konnten wir die Außenhaut des Zeltes weglassen und mit Blick auf die Sterne und dem Rauschen des Flusses (und der Züge) im Ohr einschlafen.
Tag 2: Solnhofen bis Breitenfurt
Für den nächsten Morgen hatte ich Pancakes als Frühstück eingeplant, aber leider die Milch vergessen. Zum Glück gibt es einen kleinen Laden an der Aktivmühle und nach einigen Fehlversuchen hatten wir tatsächlich kleine, wenn auch außergewöhnlich geformte Pfannkuchen.
Der zweite Tag auf dem Fluss war abwechlungsreicher: Es gab zwei potentiell tödliche Bootsrutschen, die wir ohne größere Probleme bewältigten. Da ich vorne saß, bekam ich jedes Mal einen schönen Schwall Flusswasser ab, aber es war ja eh brütend heiß. Da wir vom Campingplatz in Breitenfurt eine eher verwirrende E-Mail erhalten hatten, gaben wir etwas Gas, um auf jeden Fall noch einen Platz zu ergattern und waren auch um drei Uhr vor Ort.
Der Campingplatz Hell ist ein Erlebnis für sich. Ich habe mich nicht getraut, Fotos zu machen und für Bastian war es ästhetisch wohl einfach nicht zumutbar. Sagen wir es so: Es gibt viel Deko und viele Tiere und viele Gartenhäuschen. Und natürlich keinen Schatten. Daher siedelten wir ins das Freibad des Ortes um, das eine große Liegewiese und ein nettes, gepflegtes Schwimmbecken hat. Außerdem ein tolles Kiosk, an dem man Eis, Bier und Brausestangen erwerben kann. Wir blieben da ziemlich lang.
Breitenfurt an sich ist ein eher tristes Erlebnis, auch wenn wir auf dem Friedhof zahlreiche sehr schöne Grabsteine entdeckten. Nach einer kleinen Panikattacke meinerseits fanden wir einen Gasthof, in dem wir einfach alles mögliche aßen. Danach ging es zurück in den Camping-Zoo und auf unsere inzwischen sehr lieb gewonnene Picknickdecke. Aus Mangel an Unterhaltungsmöglichkeiten lasen wir und gingen zeitig ins Bett.
Tag 3: Breitenfurt nach Eichstätt
Nach dem Pancake-Desaster vom Vortag hatten wir uns Frühstück im Freibad vorbestellt, das wir inmitten eines Wespen-Schwarms zu uns nahmen. Das eigentliche Drama spielte sich aber an den Tischen rund um uns ab: die Kaffee-Maschine war kaputt und diverse Besucher hatten akute Entzugserscheinungen. Einige der Gäste kannten wir, sie verfolgten uns bereits seit Tag 1. Ich hatte sie mehr oder weniger lieb. Inzwischen geübt im Packen, lösten wir unser Camp auf, gruben unser Boot unter anderen Booten aus und nahmen die letzte Etappe in Angriff.
Landschaftlich fand ich das Stück bis Eichstätt vielleicht sogar am Schönsten. Inzwischen waren wir auch schon gut im Flow und kamen recht zügig voran. Etwas getrübt wurde das Erlebnis für mich durch die Sichtung eines toten Aals. Ab da machte das Baden nicht mehr so recht Spaß. Bald hatten wir unser Ziel aber schon vor Augen: die Willibaldsburg tauchte in der Ferne auf, Eichstätt war nah. So sehr ich auch die Hitze und die nicht vorhandene Strömung verflucht hatte, jetzt kam doch schon etwas Traurigkeit auf: nur noch wenige Kilometer auf dem Fluss und der Alltag würde uns wiederhaben.
Von Tom wussten wir: Die meisten Menschen sind zu doof, den korrekten Ausstieg zu finden. Ich würde ganz dreist behaupten: Es liegt nicht an den Leuten, sondern an der beknackten Beschreibung. Der Ausstieg hat einen Namen, der gut lesbar auf einem Schild steht; es wäre vielleicht hilfreich gewesen, diesen auch zu erwähnen. Jedenfalls hievten wir ein letztes Mal unseren treuen Kahn aus dem Wasser, schleppten ihn über eine Brücke, stießen ihn eine Böschung hinunter und ließen ihn auf einer Wiese zurück. So viel Bindung war dann doch nicht entstanden.
Während ich mich mit dem Zug auf den Weg nach Treuchtlingen machte (36 Minuten Fahrt inklusive Umsteigen), verbrachte Bastian noch ein bisschen Zeit auf der Decke. Es war irgendwie seltsam, die letzten drei Tage innerhalb einer halben Stunde an sich vorbeiziehen zu sehen. Aber auch ganz schön befriedigend. Die Rückfahrt rundete das Erlebnis ab: Meine Klimaanlage ist kaputt, draußen hatte es 37 Grad und ein heißer Wüstenwind wehte durch die offenen Fenster, während wir uns auf der Autobahn schreiend verständigten. Wir betäubten den Schmerz mit Fast Food. Insgesamt würde ich es jederzeit wieder machen. Aber vielleicht auf einem etwas lebhafteren Fluss.
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